WiYou.de - Ausgabe 01/2014 - page 14

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 1­2014
Foto: Pflegezentrum Schloss Bischofstein
Titel
14
Enrico fand seinen Traumberuf Altenpfleger über einen kleinen Umweg.
„Ich
habe erst Koch gelernt und auch in diesem Beruf gearbeitet. Ich hatte dabei
schon viel mit älteren Menschen zu tun und gemerkt, dass mir das eigentlich
mehr Spaß macht, als in der Küche zu stehen.“ Deshalb hat er schließlich die
Kochschürze an den Nagel gehängt und begonnen, als ungelernte Pflegekraft
zu arbeiten. „Bald war klar, dass das wirklich genau mein Ding ist und ich woll­
te dann auch eine ordentliche Ausbildung in diesem Beruf.“ Mit dem Pflege­
zentrum in Lengenfeld unterm Stein war auch schnell der passende Arbeit­
geber gefunden. Seit gut einem halben Jahr kümmert sich Enrico hier um die
zur Zeit 31 Bewohner. „Als Azubi fängt man erstmal mit der Grundpflege an,
hilft beim Waschen, Anziehen, Essen und beim Toilettengang. Berührungs­
ängste darf man dabei natürlich nicht haben. Ich wusste auch nicht, ob ich da­
mit wirklich klar komme, ich hab es eben einfach versucht und gemerkt, dass
das kein Problem für mich ist.“
Bei der medizinischen Versorgung darf Enrico bis jetzt nur zuschauen.
Später
werden aber auch das Überwachen der Vitalwerte, das Verabreichen von
Medikamenten und das Wechseln von Verbänden zu seinen Aufgaben gehö­
ren. „Ich muss außerdem lernen, das Verhalten der einzelnen Bewohner ein­
zuschätzen und dementsprechend zu handeln.“ Dazu braucht man nicht nur
viel Erfahrung, sondern auch viel Hintergrundwissen. Das bekommt Enrico in
der Berufsschule in Mühlhausen vermittelt. Anatomie, Krankheitslehre, Pfle­
ge, Gesetzeskunde, Arzneimittellehre, Psychologie und praktische Übungen –
der Lehrstoff ist sehr umfangreich und endet mit dem Staatsexamen. Viel
wichtiger als gute Noten sei jedoch das Zwischenmenschliche. „Man muss die­
sen Beruf einfach gern machen, sonst lohnt sich auch das Lernen nicht. Es geht
nicht nur um die Grundbedürfnisse, sondern auch darum, dass sich die Be­
wohner wohlfühlen und individuell betreut werden.“ Etwas, das Enrico beson­
ders viel Spaß macht.
In einem Altenpflegeheim verbringen die Menschen in der Regel ihren
Lebensabend.
Sie kommen oft aus kritischen Situationen, sind zum Teil
schwerstpflegebedürftig, verhaltensauffällig oder können sich nur noch ein­
geschränkt mitteilen. „Das ist viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsver­
mögen gefragt, auch im Umgang mit den Angehörigen, für die ein Altenpfleger
häufig der wichtigste Ansprechpartner ist.“ Auch das sei nicht immer einfach.
„Und dann gehört es natürlich dazu, dass die Bewohner irgendwann sterben.
Man muss wissen, auf was man sich einlässt, und wie man damit umgeht.“
Enrico hilft es, viel mit seinen Kolleginnen darüber zu reden. Apropos
Kolleginnen, Enrico ist hier tatsächlich der einzige Mann unter den Pflege­
kräften. Ein Problem sei das aber nicht, eher im Gegenteil. „Enrico kommt
nicht nur bei den Bewohnerinnen gut an, sondern ist auch im Team beliebt“,
sagt Pflegedienstleiterin Maria Eckardt. Ein wichtiger Aspekt, denn als Alten­
pfleger wird Enrico später auch administrative Aufgaben übernehmen, das
heißt unter anderem, selbst Personal einzuteilen und anzuleiten. „Ich könnte
dann zum Beispiel auch eine Weiterbildung zum Pflegedienstleiter machen,
aber dann ist man natürlich nicht mehr so nah am Menschen, das würde ich
jetzt erst mal noch nicht wollen.“ (mü)
Wenn im Pflegezentrum Schloss Bischofstein die Herzen der betagten Damen ein bisschen höher schlagen, ist Altenpflegerazubi Enrico meist nicht weit. Unter
dem gesamten Pflegepersonal ist er nämlich der Hahn im Korb und vor allem bei den Bewohnerinnen des Hauses beliebt. Enrico zeigt, dass Mann sich in einem
traditionellen Frauenberuf nicht nur behaupten, sondern auch ausgesprochen wohl fühlen kann.
Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
Everybodys Darling
Altenpfleger pflegen, betreuen und beraten
hilfsbedürftige ältere Menschen.
Dauer: 3 Jahre
Voraussetzungen: Einfühlungsvermögen,
Geduld, psychische Belastbarkeit, Konflikt­
fähigkeit, Freude an der Arbeit mit und für
Menschen, gute Kommunikationsfähigkeit und
hohes Verantwortungsbewusstsein
Chancen: Altenpfleger arbeiten in
Altenwohn­ und Pflegeheimen,
für ambulante Pflegedienste
oder in Krankenhäusern und
Reha­Kliniken. Weiterbildun­
gen sind zum Beispiel im
Bereich Pflegedienst­
leitungen möglich.
Altenpfleger
(m/w)
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